Auszüge aus Predigten
Allerheiligen 2014
Heilig – Was ist das eigentlich?
Das Fest Allerheiligen, das wie kein anderes Fest das Heilige im Titel hat, hält die Frage danach wach, was mit dem Wort „heilig“ gemeint ist. Denn wir nennen nicht nur Personen heilig, sondern auch Dinge und Orte. Wir sprechen von heiligen Zeiten und heiligen Räumen. Heilig ist das, was sich von alltäglichen und weltlichen Dingen unterscheidet. Heilig ist etwas Besonderes, hoch geschätzt, was menschliche Herzen hinauf, empor trägt. Das Heilige ist mächtig und imstande, den ganzen Menschen zu durchdringen und ihn zu verändern. Das Heilige verändert auch das Antlitz der Welt. Vor allem ist Gott heilig schlechthin. Seine Heiligkeit scheint auf den ersten Blick unerreichbar zu sein, ist es aber nicht.
Nicht nur Gott allein ist heilig. Er schenkt nämlich seine Heiligkeit den Menschen und der Welt.
Gott schenkt dieser Welt seine Heiligkeit, damit sie sichtbar wird. Wenn Menschen nach der Heiligkeit streben, dann weiß die Bibel: Diese Heiligkeit lässt sich nicht durch das Opfer erreichen, sondern durch das gerechte Leben und das zerknirschte Herz. Menschen sind nicht imstande die Heiligkeit von Gott zu kaufen. Die Heiligkeit kann nur als Geschenk, als ein Segen von Oben herabkommen. Wie viele Religionen haben im Laufe der Menschheitsgeschichte schon versucht, Gott durch Opfer zu zwingen und so die Heiligkeit zu erobern oder sie für eigene Zwecke zu missbrauchen. Die Heiligkeit lässt sich nicht erobern, sie wird einfach geschenkt. Aber Gott schenkt die Heiligkeit nicht als ein Weinachtpaket. Sie wird zum Dienst an den Anderen verliehen und nicht als Eigentum für Privatzwecke ausgeteilt. Weil die Heiligkeit im Dienst der Anderen steht, weil sie nicht durch das Opfer erobert werden kann, sondern selber zum Opfer wird, verstehen wir, warum so wenige Menschen heutzutage danach streben. Heute streben Menschen vor allem nach verschiedenen Fähigkeiten und Begabungen, die sie eigentlich nur sich selbst zunutze machen. Als Heilige treten öfters nicht die Diener, sondern die Stars und Politiker auf und wollen das eigene Lob erfahren.
Zur echten Heiligkeit kommen unauffällig viele Menschen, die imstande sind in ihrem alltäglichen Leben kleine und große Probleme mit Hilfe Gottes zu bewältigen. Heilige sind Menschen, die unbemerkt in den Familien, in der Partnerschaft, ja in Krankheit oder angesichts des Sterbens, die eigene Last und die Last der Anderen tragen und nicht davon weglaufen. Gerade dort, wo Menschen an ihre Grenzen stoßen und es nicht mehr weiter schaffen, aber doch mit Gottes Kraft ihren Alltag bewältigen, erscheint die Heiligkeit, die demütig unsere Welt durchdringt und mit Hoffnung andere trägt.
So verbinden wir das Fest Allerheiligen mit dem Gebet für unsere Verstorbenen. Wir glauben, dass Gott alle Menschen zur Heiligkeit beruft. So wie es unter unseren Verstorbenen viele kleinere und größere Heilige gab, so gibt es auch heute unter uns viele Menschen, die nicht offiziell heiliggesprochen werden, aber durch ihr Zeugnis uns alle stärken. Sie vermitteln uns tagtäglich Hoffnung, Glauben und Freude, mit dem Lächeln auf dem Gesicht weiter zu leben, weil Gott uns zur Schar seiner Kinder und damit zur Schar seiner Heiligen berufen hat.
(Die Predigt ist inspiriert von Bischof Dr. Stephan Ackermann, Trier)
Karfreitag 2014
Heute steht in der Mitte unserer Liturgie die Kreuzverehrung Jesu. Das Messbuch und alle liturgischen Hinweise belehren uns, am Karfreitag nur ein Kreuz zur Verehrung zu stellen: das Kreuz Jesu! Auf dem Weg zu diesem wichtigsten Kreuz, führen uns aber auch viele andere Kreuze. Auch unsere persönlichen Kreuze bringen wir in aller Stille mit auf den Weg und wir wollen sie mit dem Kreuz Jesu verbinden.
Es gibt sehr verschiedene persönliche Kreuze: kleine und große, einfache und sehr komplizierte, verständliche und unverständliche. Mein eigenes Kreuz hängt hier irgendwo auch mitten unter ihnen.
In der Gesellschaft konkurrieren Menschen gerne, vergleichen sich miteinander: Wer besitzt mehr und wer hat mehr erreicht! Im Bereich des Leidens und des Schmerzes gibt es aber keine Konkurrenz: Hier hat jeder zu viel. Wir wollen selten unsere persönlichen Leiden mit den Leiden anderer Menschen vergleichen. Unser Leiden scheint uns immer das wichtigste zu sein. Aber ein kurzer Blick auf andere Kreuze lässt uns nachdenken und schnell demütiger werden, sogar dankbar, dass wir vielleicht vergleichsweise wenig auf unseren Schulter tragen.
Leid lässt sich nicht vergleichen. Wer misst das eigene Kreuz am schlimmsten Elend unserer Welt? Niemand wagt das. Aber ein kurzer Blick auf andere Leiden verbindet uns und macht uns solidarisch mit vielen Menschen weltweit. Hier wäre falsch zu sagen: ich habe mehr gelitten; du hast mehr gelitten. Wichtig wäre es viel mehr, auch im Leid Solidarität zu zeigen.
Jesus wollte auch mit uns Menschen solidarisch sein. Er wollte nicht mehr oder weniger leiden, aber er wollte bei jedem von uns dabei sein. Das Kreuz Jesu verbindet uns alle, umfasst uns auch in unserem Leid. Viele werden durch das Leiden hypnotisiert und sehen nicht, dass der Weg Jesu viel weiter geht. Viele enden ihre Pilgerschaft beim Leiden und schaffen es nicht, noch weiter zu gehen. Wir aber legen heute Blumen neben das Kreuz und bekennen, dass Jesu-Kreuz Leben spendet, und zum Leben führt.
Das Leiden ist nur eine Etappe und nicht unser Ziel. Jesus hat dem Leiden einen Sinn gegeben: AUCH MEINEM LEIDEN. Er will, dass ich weitergehe, dass ich zum Leben gelange.
Pfarrmoderator Karol Giedrojc
Gründonnerstag 2014
Die Apostel wurden nach dem Willen Jesu aus dem Volk berufen.
Doch wer sind diese Leute, die zur Fußwaschung auserwählt waren?
Es sind Menschen, die auf eine besondere Weise, die Liebe Gottes erfahren haben und so verpflichtet sind, diese Liebe weiterzutragen. Sie sind nicht besser als die anderen, aber sie sind mehr verpflichtet als die anderen.
In der Fußwaschung erfahren die Apostel, wie Gott menschliche Schwächen tilgt, wie er heilend wirkt durch das Wasser, das reinigt. Jesus reinigt die Apostel aus ihrer bisherigen Belastungen, aus ihrer Engsichtigkeit. So können sie Mut fassen und vor die Menschen treten, um Gottes Sache zu verkünden.
Die Apostel werden Jesus vor den Menschen vertreten. Es ist für sie nicht leicht, weil sie "nur" Menschen sind. Durch die Fußwaschung aber werden sie sich nicht mehr schämen zu den Menschen zu gehen und ihnen die frohe Botschaft weiterzusagen, auch wenn sie nicht alles verstehen, auch wenn sie selber der frohen Botschaft nicht immer gewachsen sind.
In der Fußwaschung tilgt Jesus sogar den Neid und Zorn der Apostel, ihre Sehnsucht nach Macht oder Besitz. Wenn die Apostel zu den Menschen gehen werden, dann gibt es keinen Platz mehr für Streit oder Machtspielerei.
In den Gemeinden werden sie auch den anderen Schwestern und Brüdern Füße waschen. Das Wasser, das Jesus auf die Füße der Apostel gegossen hat, soll weiter fließen und die Füße der Gemeinde reinigen. So werden die Apostel die Sicht der Gemeinde auf ein gemeinsames Ziel lenken, ein Ziel, das einigt.
Liebe Schwestern und Brüder: Jesus will auch deine und meine Füße waschen. Es ist aber verpflichtend: Wem Jesus die Füße gewaschen hat, soll weiter gehen und das selber an den Schwestern und Brüdern tun.
Pfarrmoderator Karol Giedrojc
Palmsonntag 2014
Wenn wir heute mit grünen Zweigen in der Prozession in die Kirche einziehen, gehen wir gemeinsam mit der Menge, die damals Jesus mit Begeisterung gejubelt hatte. Unsere und ihre Geschichte treffen sich in der Liturgie. Es ist eine spannende Liturgie, die unser politisches, religiöses, sportliches und kulturelles Leben widerspiegelt und zum Nachdenken einladen will.
Mit tiefem Nachdenken fragen wir uns:
„Wie einfach schwimmen wir mit dem Strom, heulen wir mit den Wölfen?
Wie oft verehren wir einen Star, um ihn morgen zu vergessen?
Wie widersprüchlich ist unser Jubel für die Erfolgreichen, die nicht selten unehrlich oder nur durch geschickten Betrug ihren Reichtum oder mediale Anerkennung aufgebaut haben?
Wie ehrlich ist schließlich unser Jubel und unsere Begeisterung über Jesus?“
Dieser Jubel wird weiterhin auf die Probe gestellt, wenn immer weniger Leute zur Kirche gehen, wenn die Kirche ihre bisherige gesellschaftliche Bedeutung verlieren wird.
Jesus will uns davor behüten, immer wieder in die gleiche Falle zu geraten, wie es damals mit dem jubelnden Volk der Fall war. Er will uns einen ehrlichen und wahren Jubel lehren und zwar angesichts seines Opfers am Kreuz.
Das ist ein großes Geheimnis: Den zu verehren, der verloren hat, dem zu jubeln, der am Kreuz hängt, dem, der zum Opfer geworden ist.
Pfarrmoderator Karol Giedrojc